Verwertbarkeit von SkyECC-Daten
OLG Frankfurt a. M. Beschluss vom 13.6.2024 – 1 Ws 175/24
Beweisergebnisse, die aus den Daten des Krypto-Kommunikationsdienstes SkyECC gewonnen wurden, können im Strafverfahren verwertet werden, wenn die in § 100b Abs. 2 StPO bezeichneten Katalogtaten nach § 34 Abs. 4 Nr. 1, 3 und 4 KCanG zugrunde liegen.
Das Landgericht Wiesbaden hat den Haftbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden aufgehoben. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat den Haftbefehl des Amtsgerichts Wiesbaden zu Recht aufgehoben, weil insoweit der dringende Tatverdacht entfallen ist. Die für die Annahme des dringenden Tatverdachts erforderliche hohe Verurteilungswahrscheinlichkeit bezüglich dieser Taten kann nach dem Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes mit Wirkung zum 01. April 2024 nicht mehr bejaht werden, weil die dafür zur Verfügung stehenden Beweismittel nicht mehr verwertbar sind.
Maßgebliches Beweismittel zum Beleg der Tatvorwürfe Chatkommunikation über den Krypto-Kommunikationsdienst SkyECC. Die Auswertung der Kommunikation ergab, dass der Angeklagte Verkaufsgespräche mit seinem Lieferanten und Abnehmers führte.
Die Erkenntnisse aus diesen Daten sind nach der neuen Rechtslage aber nicht verwertbar.
Voraussetzungen der Verwertbarkeit
Für die Verwertbarkeit der erlangten Beweisergebnisse ist zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der Grundgedanke der Verwendungsschranke (§ 100e Abs. 6 StPO) heranzuziehen. Daraus folgt, dass die erlangten Beweisergebnisse in einem Strafverfahren nicht den Kernbereich privater Lebensführung berühren dürfen. Außerdem dürfen sie ohne Einwilligung der überwachten Person nur zur Aufklärung einer Straftat angeordnet werden. Bei der Straftat muss es sich um eine besonders schwere Straftat handeln und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos sein. Für die Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf den Zeitpunkt der Verwertung der Beweisergebnisse abzustellen. Eine zulässige Verwertung muss danach dann ausscheiden, wenn der Charakter als Katalogtat durch die Gesetzesänderung entfällt.
Zu den Katalogtaten gehört zwar das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (§ 100b Abs. 2 Nr. 5 StPO).
Nach der gesetzlichen Neuregelung sind die bislang zur Last gelegten Straftaten nunmehr als besonders schwere Fälle des Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 KCanG mit Strafe bedroht. Dadurch hat das Handeltreiben mit Cannabis nicht nur seinen Verbrechenscharakter, sondern auch seine Eigenschaft als Katalogtat nach § 100b Abs. 2 StPO verloren.
Unabhängig davon, ob dem Angeschuldigten eine gewerbsmäßige Begehungsweise bei den ihm zur Last gelegten vorgeworfen werden kann, können nach der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs aufgrund des Gewichts der Maßnahme zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Grundgedanken der Verwendungsschranke mit dem höchsten Schutzniveau (§ 100e Abs. 6 StPO) fruchtbar gemacht werden. Diese setzt indes zulässige Maßnahmen nach §§ 100b und 100c StPO voraus.
Hinweis des Gerichts auf die Gesetzesänderung
Das Gericht weist darauf hin, dass der Gesetzgeber sich ersichtlich in Kenntnis dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung dafür entschieden hat, das Handeltreiben mit Cannabis in nicht geringer Menge selbst bei gewerbsmäßiger Begehungsweise nicht in den Katalog der in § 100b Abs. 2 StPO genannten Straftaten aufzunehmen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (Drucksache 20/10426 vom 21. Februar 2024) hat er sich dabei davon leiten lassen, dass auf Grundlage der neuen Risikobewertung von Cannabis die Strafrahmen im KCanG im Vergleich zum bisher geltenden Sanktionsregime des BtMG herabgesetzt wurden.