Keine Wohnungsherausgabe bei unbilliger Härte
OLG Düsseldorf, Beschlussvom 18.05.2018- 8 UF 175/17
Sachverhalt:
Der Antragsteller war mit der bis zu einem Grad von 60 schwerbehinderten Antragsgegnerin verheiratet. Bei ihrer Trennung im März 2015 zog er aus der bislang gemeinsam bewohnten, in seinem Eigentum stehenden Immobilie aus. Der Antragsteller beabsichtigte zunächst, die Immobile zu veräußern, entschied sich aber schließlich dazu, selbst dort zu wohnen. Nach Scheidung der kinderlosen Ehe im Oktober 2016 forderte er die Antragsgegnerin zur Herausgabe auf.
Das Amtsgericht hat den Herausgabeantrag abgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen – auf der Grundlage von § 1568a Abs. 1 BGB- damit begründet, dass die Überlassung der Ehewohnung an die Antragsgegnerin der Billigkeit entspräche. Die schwerbehinderte Antragsgegnerin beziehe Leistungen nach SGB II, der berufstätige Antragsteller sei wirtschaftlich und gesundheitlich besser aufgestellt. Aus beruflichen Gründen sei er nicht auf die Wohnung angewiesen. Soweit er beengte Wohnverhältnisse in seiner derzeitigen Wohnung beklage, habe er dies selbst zu verantworten, weil er dort seine neue Lebensgefährtin und deren pflegebedürftige Mutter aufgenommen habe.
Das OLG ist anderer Auffassung. Die Antragsgegnerin hätte die Immobilie verlassen müssen. Es liegt nämlich keine unbillige Härte vor.
Begründung:
Es entspricht der Billigkeit, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen aufzuerlegen (§ 81 Abs. 1 FamFG). Der Antragsteller hätte nämlich mit seinem Antrag auf Überlassung der Ehewohnung ohne das erledigende Ereignis – den Abschluss der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung – in der Sache Erfolg gehabt.
Die Antragsgegnerin hätte sich gegen den Anspruch des Antragstellers nur erfolgreich verteidigen können, wenn die geforderte Überlassung der früheren Ehewohnung für sie eine unbillige Härte i. S. d. § 1568a Abs. 2 BGB(analog) bedeutet hätte, was jedoch nicht der Fall war. Die Einkommenslosigkeit und die Schwerbehinderung (GdB 60) lässt den geforderten Auszug aus der früheren Ehewohnung für die Antragsgegnerin noch nicht als außergewöhnlich schwere Beeinträchtigung erscheinen.
Nach dem Wortlaut des § 1568a Abs. 2 BGBkann ein Ehegatte bei einer dinglichen Berechtigung des anderen Ehegatten die Überlassung der Ehewohnung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Mit dieser Regelung sollen Eingriffe in die verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition des dinglich berechtigten Ehegatten eingeschränkt und nur in außerordentlichen Härtefällen zugelassen werden.
Dieser Rechtsgedanke muss durch analoge Anwendung des § 1568a Abs. 2 BGBauch dann zum Tragen kommen, wenn der dinglich berechtigte Ehegatte dem anderen Ehegatten im Zuge der Trennung die Ehewohnung zunächst überlassen hat und dann nach Rechtskraft der Scheidung die Überlassung der Ehewohnung verlangt. Für den grundrechtlich gebotenen Eigentumsschutz darf es nämlich keinen Unterschied machen, ob sich ein dinglich berechtigter Ehegatte gegen das Überlassungsverlangen des anderen Ehegatten verteidigt oder ob er selbst die Überlassung einer Ehewohnung, aus der er zunächst freiwillig ausgezogen war, verlangt.
Auch aus der außergerichtlichen Zusage des Antragstellers vom 22. April 2015 konnte die Antragsgegnerin das Recht, dauerhaft in der früheren Ehewohnung verbleiben zu dürfen, nicht herleiten.